Page 135 - Ebook-TragendeGrund
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aBschied
Dem Einen entgegen,
der Vollkommenheit der Liebe, Harmonie und Schönheit,
dem Einzig Seienden, vereint mit all den erleuchteten Seelen,
die den Meister, den Geist der Führung verkörpern.
Ich tat all das, was zu tun war. Es war ein tief majestätischer Augen-
blick, Annys Körper dann zu sehen, in den provisorischen Sarg gebettet.
Alle Verkrümmtheit, die so viele Jahre zu ihrer Erscheinung gehört hatte,
war von ihr gewichen, sie lag da, gerade und völlig entspannt; der Adel
ihrer Seele hatte sich entfaltet und widerspiegelte sich in ihren Gesichts-
zügen.
Eine unbeschreiblich tiefe Freude begleitete mich die ganze Zeit; et-
was war im Herzen der Menschheit verewigt worden, das über die Le-
bensdauer eines Menschen hinaus lebendig bleiben würde. Ich rief ihre
Geschwister an, erledigte die amtlichen Dinge, versandte zusammen mit
Oswald die Anzeigen. Es war alles geregelt, vorbereitet, ich hatte die Tex-
te beisammen, die an ihrer Bestattung gelesen würden; wie schön, dass
wir dies zusammen vorbereiten konnten! Nichts würde die Harmonie
und die Würde stören!
Ich weiss das Datum nicht mehr, ich habe nur ganz wenige Dinge von
Anny, eine Foto, die Denkschrift, eine Zuckerdose, zwei, drei Kupfersti-
che, die ihr lieb waren. Aber es war ein wunderbar leuchtender Tag, voll
klarer Sonne und blauem Himmel, als wir auf dem Friedhof Sihlfeld, ganz
nahe bei meinem Wohnort, ihre Urne übergaben. Wenige, doch liebe
Menschen waren da, auch zwei Vertreter des Leitenden Ausschusses.
Sie hatten am Tage zuvor angefragt, und so waren sie vertraut mit dem
Ablauf der Zeremonie. Sie spürten, dass da ein besonderes Leben seinen
Kreislauf vollendet hatte, und dies freute mich sehr.
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