Page 134 - Ebook-TragendeGrund
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angerufen, alle nötigen Unterlagen mitgebracht, unter anderem eben
auch Ihre Adresse, den Wohnungsschlüssel, ein Testament; alles war da,
wie wenn sie auf eine Reise aufbrechen würde. Und dann hatte sie eine
kritische Nacht, wir mussten sie beatmen.
Es schien viel von ihrer Kraft zu verbrauchen, sie war ja schon so
dünn, wie durchsichtig. Doch gegen Morgen schien sie das Schlimmste
überstanden zu haben und schlief ruhig ein. So gegen neun Uhr kam ich
dann in ihr Zimmer und schaute nach ihr; sie war schwach, doch fröhlich
und freute sich am guten Frühstück, das ich ihr brachte. Sie trank den
Orangensaft, Kaffee, feines weisses Brot mit Butter und Konfitüre.
Als ich sie fragte, wie es ihr nun ginge, dass sie zwar etwas schwach
aussehe, doch irgendwie auch frisch und erneuert, antwortete sie: <Ja ja,
das war schon oft so, mein Körper trägt mich immer noch weiter, ich bin
ihm so dankbar!>
<Möchten Sie noch etwas Kaffee und Brot?> fragte ich dann. <Ja
gern> war ihre Antwort. Ich ging hinaus. Als ich zurückkam, war ihr Kopf
auf das Tablett gesunken.>
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