Page 101 - Ebook-TragendeGrund
P. 101

Als  ich  am  nächsten  Tag  wieder  beim  Indian  Culture  Centre  war
         und den gleichen Herrn mit Turban traf, schien er mich nicht mehr zu
         kennen: <You say that we talked about a Veena yesterday? Oh nein, Sie
         müssen sich irren, wir haben noch nie miteinander gesprochen!> Die
         Quittung für mein Geflunker! Blöd wie ich war! Das war keine Musik!  Er
         hatte völlig recht! Weshalb wollte ich ihm denn nichts erzählen von dem,
         was mich so berührt hatte? Etwas hinderte mich daran, ihm zu sagen,
         worum es ging, seltsam!

            So fiel das Tor meiner Hoffnung deutlich ins Schloss, und das Einzige,
         was ich aus London zurückbrachte, war ein Lehrgang von Ravi Shankar
         auf Kassette, auf der er seinen Schülern ein paar Grundelemente der in-
         dischen Musik beibrachte.  Auntie Elda hatte sich zwar gefreut über den
         Besuch, doch gab sie mir auch einen guten Rat mit: <Don‘t dream along,
         Johnfee! Go into a decent job and find a girl to marry! You are much too
         old for foolish things like that!>

            Als ich zurück war, öffnete ich eines Tages, etwa drei Wochen später,
         den ‘Tages-Anzeiger‘, und was fand ich da? Ein Inserat: Vina-Unterricht
         in Winterthur. Wie? Winterthur, das technische Museum, die Industrie-
         betriebe kamen mir in den Sinn, die Versicherung… doch Vina-Unter-
         richt? Und doch war es so! Ich rief Brigitta an, die in Südindien gelernt
         hatte und mir Unterricht gab!

            Was für ein Gefühl, das erste Mal einen Ton aus diesem wunderba-
         ren Instrument zu locken! Es war keineswegs so, dass es die Vina nicht
         mehr  gab;  nur  ist  die  südindische  ‘karnatische‘  Musik  oft  so  von  der
         nordindischen ‘Hindustani‘-Musik getrennt, dass es den nordindischen
         Freunden von Auntie Elda so vorkam, dass es eine Vina gar nicht mehr
         geben könne. Und es war auch kein Problem, eine Vina zu kaufen, eine
         Firma in Heidelberg importierte sie, und nach zwei Monaten stand sie in
         meiner Wohnung! Wie wunderbar!

            Auch machte ich mich auf die Suche, die Flamencogitarre wieder
         zu beleben. Bei Alicia fand ich eine wunderbare Möglichkeit: Sie lehrt


                                  101
   96   97   98   99   100   101   102   103   104   105   106