Page 110 - Ebook-TragendeGrund
P. 110
WeNN das meer aus milch Wäre…
Anny hatte sich eingelebt am neuen Wohnort, nach ein paar Mona-
ten fühlte sie sich ganz zu Hause, die Atmosphäre war mitgekommen,
alle Sorgen verflogen, ausser dass ihr Gesundheitszustand weiterhin zer-
brechlich blieb. Dies wurde in den Jahren, an denen sie nun in Oerlikon
lebte, auch nicht besser, es war der letzte Lebensabschnitt, den sie lebte,
das erkannte Anny sehr wohl.
Doch bang war ihr deswegen keineswegs, ihr Körper hatte sie ja
schon so weit getragen! Sie war voller Dankbarkeit und Freude, leicht
hatte sie neue Freunde gefunden, und ich staunte wieder über ihre au-
ssergewöhnliche Leichtigkeit, mit der sie sich auf neue Situationen ein-
stellte, jung, neu, frisch. Sie erholte sich soweit von der Krise, dass sie ihr
Leben wieder im Griff hatte, auch wenn sie ihre Wohnung nicht mehr
verlassen konnte; die Osteoporose war zu weit fortgeschritten. So kam
halt jemand vorbei mit den Einkäufen, innerhalb ihrer Wohnung blieb sie
so beweglich wie eh und je.
Ich hatte die Plakatfirma verlassen und richtete mein Leben so ein,
dass ich in Teilzeitarbeit genug verdiente, um leben zu können. So hatte
ich immer einen oder zwei Tage, um mich der Musik und der Arbeit mit
Anny zu widmen. Auch vertiefte sich mein Interesse an den Lehren von
Hazrat Inayat Khan mehr und mehr; ich wünschte mir, Menschen ken-
nen zu lernen, die sich mit seinem Lebenswerk befassten.
Eines Tages erhielt ich von meinem Bruder eine Einladung für ein
Treffen im Tessin, ich ging hin, lernte ein paar Menschen kennen, die die
Tradition Hazrat Inayat Khans am Leben erhalten; und schliesslich lernte
ich Hidayat kennen, den jüngeren Sohn von Hazrat Inayat Khan. Hidayat
war damals 75 Jahre alt, und es entstand eine Verbindung, die bis heute
anhält. Er gab mir einen Namen - Puran - und dazu eine Erklärung: <Wir
alle sind eine Mischung aus Ererbtem, Erworbenem, freiwilligen und un-
freiwilligen Lasten.
110