Page 38 - Ebook-TragendeGrund
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klärung dafür; doch frag mich nicht weshalb, auf jeden Fall nahm mein
        Kampfesmut sprunghaft zu, ich begann darum zu kämpfen, wieder ganz
        auf die Beine zu kommen! Auffällig war nur, dass der Arzt seine Visiten
        jeweils ganz kurz hielt. Ich lieferte ihm Hunderte von Daten für seine Er-
        fahrungsdatenbank; welche mit hohen Medikamentendosen, dann mit
        weniger, dann für das eine, dann für das andere.

          Nach ein paar Monaten konnte ich dann endlich zu meiner Freundin
        und ihrem Mann ziehen, und es war wie ein neues Leben. Ich weinte vor
        Freude, als ich sah, dass sie ein grosses, rotes, kitschiges Willkommensherz
        an die Türe meines neuen Zimmers  genagelt hatten, mit Girlanden und
        Schokolade, die ich nicht einmal essen durfte!
          Als der Kampf ums physische Überleben fürs Erste gewonnen schien,
        so begann ich mir, meine Gedanken zu machen zu dem, was der Spezi-
        alist mir geraten hatte: Noch ein schönes Jahr… Denkste! Wie kommt
        er dazu, dir werde ich‘s beweisen, und ich nahm den Wettbewerb mit
        seiner Diagnose auf.

          Wenn ich meine Freundin nicht gehabt hätte! Sie tat alles für mich,
        und ich konnte ihr meine Dankbarkeit nur zeigen, indem ich mit der Zeit
        begann, ihren Haushalt im Schuss zu halten, so weit ich es konnte - un-
        sere Freundschaft wurde immer tiefer, auch meine Zuversicht, dass sich
        eine Türe geöffnet hatte, die mich an einen Ort führen würde, der mir
        noch gänzlich unbekannt war.

          Als meine Operation ein Jahr zurücklag, rief ich den Spezialisten an
        und machte mit ihm einen Gesprächstermin ab. Er wollte wissen wes-
        halb, ich blieb fest und sagte, dass wir ja noch die weitere Genesung pla-
        nen müssten. So kam ich am Jubiläumstag zu ihm ins Büro, brachte ihm
        eine Dankeskarte mit und eine Torte, die erste, die ich selber gebacken
        hatte nach der Operation. Er war ganz gerührt und freute sich über die
        Aufmerksamkeit seiner Patientin. Denkste!  Dann begann ich tacheles zu
        reden. Ich erinnerte ihn daran, welche Diagnose er mir wie gestellt hatte,
        und fragte ihn ebenso nochmals danach, wie es nun mit den Tuberkeln


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