Page 19 - Ebook-TragendeGrund
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eiN Jahr geduld
So kam mein erster Arbeitstag im Jugendcafé. Um drei Uhr trafen
wir uns, und Anny zeigte mir die ersten Handgriffe, Tische vorbereiten,
Stühle zurechtrücken, Sauberkeit vor allem… Suppe kochen, Sandwi-
ches streichen, Kaffee brauen, das Büro, die Kasse, das Besprechungszim-
mer, das gemeinsame Nachtessen, der Andachtsraum, nach Türschluss
am Abend aufräumen, abrechnen, Pendenzen besprechen, Einkauf pla-
nen, all die praktischen Dinge… (Wir waren ein Team von vier Personen,
doch hier möchte ich Euch die Geschichte von Anna Burger erzählen,
deshalb hört Ihr von den anderen beiden nicht so viel, doch waren sie
natürlich ebenso Teil unseres Teams).
Markus machte mir klar, dass der Arbeitsvertrag auch Verpflichtun-
gen ausserhalb der Öffnungszeiten des Cafés beinhalten könnte, ohne
extra Entschädigung, auch die üblichen Lohnerhöhungen per Ende Jahr
wären nicht möglich; und ich wunderte mich etwas über seine Erklärun-
gen, ich hatte Anny sehr genau verstanden. Und so entgegnete ich ihm:
<Nun, ich bin froh, dass ich für die Arbeit hier so entschädigt werde, dass
ich meinen Lebensunterhalt bestreiten kann, was will ich noch mehr!>
Dies schien bei ihm Fragen aufzuwerfen, doch schenkte ich dem weiter
keine Beachtung, in diesem Augenblick. Ich freute mich einfach darüber,
dass dieses ‘ganze Ja‘ nun Inhalt unserer Arbeit sein würde.
Dies war der Beginn einer ganz besonderen Art Lehre, mein erster
Arbeitstag. Um vier Uhr kamen die ersten Gäste herein, ich fühlte mich
etwas wie ein Eindringling in einer Stube, die eine Vertrautheit aus-
strahlte, die mir noch fremd war. Die ersten Eindrücke: Viel Offenheit,
Herzlichkeit, Wärme, wacher Witz und eine Lebendigkeit, die mich be-
eindruckte.
Es ging keine Viertelstunde, und Anny war in Gespräche vertieft mit
den einen, natürlich wollte ich hinhören, worum es ging, doch wollte ich
auch nicht aufdringlich sein.
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