Page 83 - Ebook-TragendeGrund
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barkeit erreicht; die Gäste waren unsicher, ob wir genügend Autorität
aufbrächten, um die vertraute Atmosphäre und Sicherheit wieder her-
zustellen.
Es war eine schwere Zeit, der Frühling des Jahres 1986, es schien sich
ein Ende zu nähern, und da war das feste Vertrauen in den tragenden
Grund, der im Tun erfahren werden konnte, nicht mehr einfach ein phi-
losophisches Satz, sondern das Einzige, das uns weiter trug. Der Karfrei-
tag kam, und Anny sagte: <Den verbringe ich allein zu Hause, ich möchte
ihm nahe sein.> Wir hatten so viel miteinander geteilt, und ich verstand
ihren Wunsch sehr gut, mein erster Gedanke war: <Hat sie also doch
noch einen Freund, schau mal, Anny das Rumpelstilzchen!...> Wie freute
ich mich darüber!
Als das Jugendcafé am Dienstag nach Ostern wieder offen war und
wir gemeinsam beim Nachtessen sassen, zeigte sich, was sie erlebt hatte:
<Es ist ja ein so unglaubliches Wunder, das Leben von Jesus! Stell dir vor,
du kommst auf die Erde, mit einer Botschaft, und du bist vom ersten
Atemzug an mit deinem Vater im Himmel verbunden, keinen Augen-
blick, an dem du nicht seine Führung spüren würdest, wie eine Taube, die
weiss, weshalb sie wohin fliegt, dein ganzes intensives Leben lang.
Und dann kommen jene Minuten am Kreuz, an dem ihn sein Vater,
zur Erfüllung seines Auftrages, die Tiefe des menschlichen Verlorenseins
spüren lässt! Wie tief musste er da diese Trennung empfunden haben,
dafür gibt es keine Worte, nur ein Schrei aus der Tiefe seines Wesens!>
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