Page 93 - Ebook-TragendeGrund
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auch gespeNster haBeN mütter
Mitten in die Vorbereitungen zu einem Übergang war dieser Satz
geplatzt: <Wenn die Seele auf Gott gestimmt ist, wird ihr jedes Tun zur
Musik>. Er war da, jeden Tag, am Morgen beim Aufwachen, vor dem
Einschlafen tauchte er wieder auf. Wie ein Kristall, den du in der Tasche
trägst; du nimmst ihn heraus, immer wieder fällt ein neues Licht darauf
und er gibt ein neues Farbenspiel wieder!
Dank diesem einen Satz erhielt jeder erlebte Tag im Jugendcafé
eine neue Bedeutung — vom Augenblick meines ‘Ja zu deinem Ja‘ an,
unserem denkwürdigen Anstellungsgespräch! Es war ein Feuerwerk von
zahllosen Reflektionen, die sich in meinem Innern abspielten, während
wir äusserlich langsam dem unvermeidlichen Tag entgegengingen, den
wir so gefürchtet hatten. Doch irgendwie schien er seinen Schrecken
verloren zu haben, auch wenn die äusseren Umstände immer noch den
gleichen Verlust anzuzeigen schienen.
Anny hatte einen Wandel in mir wahrgenommen und freute sich,
dass mein Mut zurückgekommen schien. Die Lektüre des kleinen Büch-
leins war eine Goldgrube, ich fand viele Geschichten, Zusammenhänge,
überraschende Einsichten; und jedes Mal war es von einem Gefühl be-
gleitet — dies kenne ich eigentlich schon, nur erscheint es hier neu und
vertraut zugleich, Facetten des Erlebens, wie ich es aus dieser Sicht noch
nicht kannte.
So machte ich mich irgendwann daran, meine Not anzusprechen.
<Zweck meines Lebens, zeige dich bitte! Gib mir einen Wink, im prak-
tischen Leben! Hast Du mich zu den eben erkannten Argumenten ge-
schubst?> Auslöser zu diesem neuen Ansatz war eine Geschichte, die
mir über den Weg gelaufen war.
‘Ein kleines Mädchen musste jeweils auf ihrem Heimweg spät abends
über einen Friedhof gehen. Es fürchtete sich sehr vor den Gespenstern,
die da ihr Unwesen trieben. Eiligst durchquerte es jeweils das verwun-
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